HILFE! Ich bin also ein Mann!!??!!

22.2.2011

Ja, fürchterlich. Es traf mich wie ein Keulenschlag. Hab’ schon manchmal auch was Lausbübisches. Aber trotzdem schien bisher weder anatomisch noch psychisch ein Zweifel zu bestehen: Ich bin weiblich, durch und durch.

Gestern jedoch begab ich mich in das Einkaufszentrum INTERSPAR in F. um mir eine neue Thermoskanne zu besorgen. War schon lange nicht mehr in diesem überdimensionalen Tante-Emma-Laden und hatte ein paar Minuten Extra-Zeit. Als Bücher-Wurm fühlte ich mich von ein paar schaurigen Bestseller-Titeln magisch angezogen, blätterte und überflog. Groß ist das Büchersortiment beileibe nicht, doch siehe da – in unmittelbarer Nähe gibt’s einen Zeitschriften-Stand.

Ja, Freunde, und nun kommt der Augenblick, im wahrsten Sinn des Wortes mein bisheriges Selbstbild zu Fall brachte: Linkerhand, am linken Teil des Regals, prangte eine dunkelweinrote vertikal justierte Fahne mit der Aufschrift “Männer” – und rechterhand ein ebensolches Gegenstück mit der Aufschrift “Frauen”. Mir stockte der Atem. Auf der linken Seite, frisch und fröhlich vereint, alle möglichen Illustrierten und Magazine, in denen ich gern zu schmökern pflege. Wirtschaftsjournale, Auto – und Motorradmagazine, Wohnen & Lifestyle, Populärwissenschaftliches, Reise-Magazine, diverse Sportjournale. Auf der rechten Seite, mir nahm es fast die Luft, schier endlos sogenannte Regenbogenpresse, Handarbeitshefte und ich glaube, das war’s dann auch schon. Das sogenannte Frauen-Regal ist ungefähr gleich groß wie das Männer-Regal, schaut bunter aus.

Ich bin ein Mann. Das ist der Hammer. Das ist heftig. OMG. What the hell… Ihr Megamarkt-Manager, for heaven’s sake, was habt ihr euch dabei gedacht? Schonungslos schleudert ihr mir ins Gesicht, dass ich im falschen Körper stecke!

Aber… vielleicht wollt ihr damit etwa doch die Realität abbilden? Eine Realität, die mit meiner nichts zu tun hat. Oder ist es manipulativ zu interpretieren, ein Wunschdenken so nach dem Motto: Mögen Frauen doch niemals nach den Sternen greifen! Frauen, eure Welt seien photoshop-geschönte Idole und Kochrezepte!!!

Nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, versuchte ich, diesen Zeitungskiosk mit anderen Augen zu sehen.

Erstens, mit der Einstellung, so ist es, daran ist halt nicht zu rütteln. So ist die Masse – dieses Leseverhalten trifft größtenteils zu.

Oh Gott.

Zweitens, mit der Einstellung, ich sei ein Coach, der dieses Regal zu bewerten hat.

Mir fehlen die Worte.

Drittens, ich versuche mich in die Werbestrategen hineinzufühlen.

Mir wird übel.

Viertens, ich imaginiere, ich sei ein Kabarettist, der auf der Suche nach einer Inspiration für sein neues Programm ist.

Ich muss mich beherrschen, keinen Brüller loszulassen, und bescheide mich mit einem Moment größter innerer Heiterkeit.

Fünftens, ich bin für wenige Sekunden eine Regalbetreuerin.

Hab’ noch nie mehr als das Nötigste gedacht. Das bedeutet: Momentan denk’ ich, ob ich wohl pünktlich nach Hause komme und mein Kleinkind sich hoffentlich nicht wieder so bekleckert wie am Vortag. Und kurz kommt mir in den Sinn, dass mein Vorgesetzter bestimmt nicht mein Typ wär.

Sechstens, ich stelle mir vor, ich bin ein Mann.

Mich überkommt ein Anflug aus Mitgefühl, Verachtung und Belustigung. Dieser Gefühlsmix verebbt aber gleich und wandelt sich in Gleichgültigkeit und Selbstzufriedenheit mit einem Hauch Sarkasmus.

Siebtens, ich stelle mir vor, ich bin eine Frau, eine SOLCHE – äh, hm – Frau.

ZURÜCK! Ich KANN mir das gar nicht vorstellen.

Wie betäubt tappte ich weiter, bis ich zum Regal mit den Thermoskannen gelange. Ich analysierte sie kritisch – meine Güte, da haben wir’s ja – gründliche Analye – ein völlig unweibliches Verhalten. Schnappte mir so ein Metallding. Zahlte, ein wenig zerfahren. Beschloss, nicht so schnell wieder in diesen Laden zu gehen. Irgendwie hat das kein gutes Gefühl gebracht. Vielleicht kann mich mal jemand darüber aufklären, warum zwei läppische Fahnen ein solches Unbehagen auslösen können. Bin halt übersensibel, das wird es wohl sein. Wozu, um alles in dieser Welt, diese Fahnen?

Ich bin also ein Mann. Definitiv.

Jetzt frage ich mich nur die ganze Zeit, welche Konsequenz ich daraus zu ziehen habe.