Unser Haus, unser Garten

Die folgenden Texte beziehen sich auf unser Familienhaus in Neusiedl bei Güssing. Stückweise möchte ich einige Begebenheiten zusammentragen.

Haus und Garten haben eine eigene Seite http://kristallrefugium.wordpress.com

Ich beginne mit einer Beschreibung des Gartens…

Als der Innsbrucker Peter Simetzberger in den Achtzigerjahren das sogenannte Ernst-Haus am Fedenberg, einem zur Streusiedlung Neusiedl bei Güssing gehörenden Gebiet, erstand, wusste er, was ihm blühte. Für historische südburgenländische Verhältnisse war es ein großes Haus, ausgestattet mit einem schönen freistehenden Herd in der typischen Küche und sah auf den ersten Blick gut aus. Als erfahrener Bauingenieur wusste er jedoch augenblicklich, dass ihm eine wahre Mammutarbeit bevorstand.

Mutig wie er war, wagte er sich dennoch drüber und handelte auch ein für Normalverbraucher recht großes Grundstück ums Haus dazu aus. Einige alte Bäume gab es da, eine Mulde vorm Haus, die ein Löschteich sein sollte, und der Rest war Ackerland, das lange Zeit hindurch mit Kunstdüngergaben versehen und gespritzt wurde und eher wie Ödland aussah, eigentlich aber eine Wiese sein sollte.

Nun überspringen wir einige Jahre schwieriger und tragischer Familiengeschichte bis zum Jahr 1989, als Peter seine zweite Frau Lygia kennenlernte. Sie stammt väterlicherseits aus diesem Dorf und verstand es anzupacken. Während das Haus nach und nach gefühlvoll umgestaltet und renoviert wurde, ging es nun intensiv an die Gartengestaltung. Mit Hartnäckigkeit und Ausdauer wurden die bestehende Teichlandschaft besser nutzbar gemacht. Der grüne Innenhof wurde mit bunten Blumen geschmückt und ein erster Feigenbaum wurde gepflanzt.

Das gesamte Areal war bedingt durch die Hanglange schräg und daher entschloss man sich zum Anlegen einer horizontalen Fläche für Sport, Erholung und Spiel. Weitere Erdbewegungen waren erforderlich, so zum Anlegen von Gräben ums Haus als Hochwasserschutz, zur Formung eines mächtigen Dammes und Grabens zum Abwenden von Flutungen des Naturteichs. Nord- und westseitig wurden große Mengen Erdmaterial entfernt, da sie zur Mauerfeuchtigkeit beitrugen.

Unterhalb vom Teich leitet ein großes Rohr das Regenwasser ab, das vom Nachbargrundstück kommt. Dies ist erforderlich, damit der Teich auch bei starken Regenfällen nicht verunreinigt wird.

Teils planmäßig teils intuitiv entstanden nun über das ganze Grundstück verteilt unterschiedliche Bereiche. Das Ziel war von Anfang an, sowohl Essbares als auch Ziergewächse zu pflanzen, wobei möglichst ganzjährig kontinuierlich etwas davon grünt und blüht.

Östlich vom Haus befindet sich der erwähnte Naturteich. Er ist rundherum begehbar. Bewohnt wird er nun von all dem Getier, das von Räubern verschont blieb. Vorher gab es hier Spiegelkarpfen und später Koi und Wildkarpfen und unzählige kleine heimische Fische. Teichmuscheln. Sumpfkrebse. Aber das ist eine andere Geschichte.

Das Haus ist U-förmig angelegt, besitzt einen verglasten Arkadengang und einen unbeheizten Wintergarten. Der Hof öffnet sich nach Süden mit einer Grünfläche.

Aus Beständen der ehemaligen Hausleute und von Nachbarn kamen wir zu ersten Uhudlerreisern und auch zu einer merkwürdigen Weinsorte, die nicht als Uhudlersorte bestimmt werden konnte und bei den alten Leuten als „Der Italiener“ bekannt war. Wo der Hang am steilsten und daher die Sonneneinstrahlung am kräftigsten ist, legten wir einige Reihen Wein an.

Hinzu kam zu alten Beständen eine neu angelegte Streuobstwiese mit verschiedenen Obstsorten, ein Johannisbeergarten, ein Stachelbeer-Gärtchen, allerlei Sträuchergruppen, ein Pfirsichhain, eine Kräuterspirale, eine Brombeerhecke, ein Geviert als Gemüsegarten, ein großes Hochbeet, Erdbeerbeete, ein Steingarten mit Kakteen, Rosenbeete und ein Tümpel, der aus einem Aushub entstanden war und nun auch aus Regenwasser von den Dächern gespeist wird.

Wir entschieden uns, das südlich von der horizontalen Spiel- und Erholungswiese befindliche Wiesenstück als Sichtschutz und teilweise Beschattung mit Sträuchern und Bäumen zu bepflanzen. Mittlerweile ist auf diese Weise ein winziges Wäldchen entstanden. Ganz im Westen wird das Grundstück von einem Zwetschkenhain begrenzt.

Der Carport ersetzt fast schon einen Zen-Garten, denn man kann das Dach über eine schmale Holztreppe betreten und umringt von kleinen Kunstobjekten und mineralischen Fundstücken aus den Bergen und von Meeresstränden entspannen und den Sonnenuntergang genießen.

In den frühen Jahren versuchte sich Peter als Halter von Schafen und Gänsen. Es musste daher das ganze Grundstück eingezäunt werden, Der Wildzaun besteht heute noch, doch der Versuch mit den Schafen und Gänsen fand relativ bald ein Ende. Die Schafe mähten nicht nur die Wiese, sondern fraßen auch, was sie nicht fressen sollten. Sogar die Weinstöcke, die sich damals im Hof befanden, knabberten sie komplett ab.

Die Gänse waren nur sanft, solange sie jung waren. Als sie Eier zu legen begannen attackierten sie alles – den Briefträger, die Hausleute. Sie schnappten nach den Kindern auf dem Nachhauseweg von der Schule.

Jetzt haben wir Hühner. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Es gäbe eine lange dramatische Hühnerstory zu erzählen, aber das ist auch eine andere Geschichte. Die paar Hühner und Hähne, die es jetzt gerade gibt, leben feudal in einem gut isolierten Hühnerstall, legen fast keine Eier, weil sie sich in hohen Rentenalter befinden, und sind ganz gewöhnliche braune Hühner, die zuerst in Bodenhaltung produktiv waren. Ausgestallte Hühner, so nennt man das.

Den begriff Permakultur kannten wir beide nicht, als wir mit dem Pflanzen und Säen begannen. Peter hatte sich allerdings schon in Innsbruck für biologische Landwirtschaft interessiert und Skripten durchgeackert. Und Lygia war seit jeher das Landleben und damit auch das Wühlen in der Erde gewohnt. Es wurde also von Anfang an giftftrei gearbeitet, nicht chemisch gedüngt, stattdessen eifrig kompostiert und gemulcht, sogar Reisighäufen wurden angelegt, und nur das grobe Gestrüpp vom Baum- und Strauchschnitt wurde bei den traditionellen Osterfeuern zu Asche. Fein, wenn man diese Möglilchkeit auf dem eigenen Grundstück hat!

Die Brache wurde allmählich zur Magerwiese mit prachtvollen Wiesenblumen und im Gemüsegarten gedieh in den ersten Jahren alles prächtig. Doch dann machten wir Bekanntschaft mit allerlei schädlichem Getier. Erstaunlich, was so alles in Erscheinung trat. Einfach so ziemlich alles, ein Riesenaufgebot an Schädlingen und Nützlingen, wie sie der Gärtner unterteilt. Dementsprechend macht man ein Wechselbad von Freude und Enttäuschung durch. Ich denke, jeder Hobbygärtner kann ein Lied davon singen.

Da gab es Wühlmausjahre, Schneckenjahre, Krötenjahre, Laubfroschjahre, Schmetterlingsjahre und sogar ein Jahr der Gottesanbeterinnen… Ganz zu schweigen von den Angriffen von Starschwärmen auf die vollreifen Weintrauben. Dann wieder ein riesiges Hornissennest genau überm Holzlager. Natürlich entdeckte der Buchsbaumzünsler unsere Buchsbäume. Tomaten und Quitten wurden von Krankheiten befallen und so wurden Bücher gewälzt und das Internet befragt…

Aha! Ein Nährstoffmangel hier, Bodenverbesserung da… Letztlich jedoch die Schlussfolgerung, dass es Kreisläufe geben muss und die rapide Vermehrung des einen oder anderen Getiers mit dem wechselhaften Wetter zu tun haben muß und dass landschaftsgestaltende Eingriffe ja auch Veränderungen bewirken und es seine Zeit dauert, bis sich ein relatives Gleichgewicht einstellt. Es ist daher ist ein geduldiges Geschehenlassen besser als immer wieder mit Eingriffen gegensteuern zu wollen.

Nun wächst, blüht und reift im Garten, was nicht von Wildtieren aufgefressen wird, was mit den schweren Lehmböden zurechtkommt und die extremen Klimaschwankungen verkraftet. Es gibt Jahre, da kann man kaum die Wiese betreten, weil alles schwammig ist. Aber es gibt auch extreme Trockenheiten. In einem Sommer gab es in drei Monaten kaum ein paar Regentropfen.

Im Laufe von ein paar Jahrzehnten kam es zu mehreren massiven Überschwemmungen und Stürmen, wiederholt zu Hagel und Starkregen, manchmal in Kombination, was im August 2020 ungewöhnlich schwere Schäden in unserer gesamten Gemeinde zur Folge hatte. In einem Winter erlebten wir die Vereisung von Schneeflächen und Bäumen, Straßen waren unbefahrbar und das Freiland war nicht begehbar. In manchen Sommern verzeichneten wir Dürreschäden. Dazu passieren technische Defekte wie stundenlange Stromausfälle, was uns zu möglichst viel Autarkie bewogen hat. Allein der Ausfall der Wasserpumpe kann sehr unangenehme Folgen haben.

Einmal gab’s doch glatt auch eine Invasion durch Hochlandrinder, die beim Nachbarn freigekommen waren, die nicht ohne heftige Beschädigungen verlief. Die Frostschäden sind bei uns auch zuweilen beträchtlich, aber das erstaunt in diesen Breiten nicht.

Und trotzdem wirft der Garten immer erfreulich viel ab und ermöglicht teilweise Selbstversorgung. Im Laufe der Jahre lernt man allerhand dazu. Eigener Wein, Apfelsaft, Traubensaft, Most, Dörrobst und Kräuterernte für Tee und zum Räuchern, das Anlegen von Beeten, Wegen und Steigen, die Herstellung von Cremes und Anwendung von Aloe Vera, das Marmeladekochen und das Trocknen von Pilzen, das Holzfällen und Einlagern, das Sammeln von Saatgut, den Anbau von Topinambur und Kürbissen und den Obst- und Weinschnitt.

Das Brotbacken will auch gelernt sein. Beim Weinrebeln, das wir zunächst händisch machten, beim Nüsseknacken und bei der Beerenernte übt man sich in Geduld und Ausdauer. Für all das wird man reichlich belohnt durch viele Aufenthalte und viel Bewegung in der freien Natur, intensive Naturerlebnisse und schließlich durch den Genuss der eigenen Produkte.

Wer das erste Mal in dieses kleine halbwilde Paradies kommt, fühlt sich in alte Zeiten versetzt. Hier wird viel Ordnendes vermisst. Die Zufahrt zum Carport, die mit Bruchasphalt befestigt wurde, wollen seitlich unregelmäßig verlaufene Graspölster zurückerobern. Sträucher und Stauden werden nur zurückgeschnitten, wo ausgelichtet werden muß. Brennesseln werden behutsam beseitigt, wo sie sich in Zierpflanzen mengen, aber ansonsten stehengelassen, wo sie sich ansiedeln.

Klar, das all dies nicht jedermanns Geschmack ist, und auch wir kennen es ja anders nur zu gut. Hier darf sich die Natur ausbreiten, so gut es geht. Gerade deshalb haben wir im Sommer regen Besuch von Mauerschwalben am Teich, tummeln sich viele Arten von Libellen und Schmetterlingen bei uns., erfreuen uns Singvögel mit ihren Konzerten – Leben überall.

Das Umfeld eines typischen südburgenländischen Bauernhofs darf wohl ein wenig nostalgisch sein. Die alten Bauteile des Hauses sind über zweihundert Jahre alt… Und da ist auch keine Mauer kerzengerade!

Im Garten gibt es auch allerlei „Hausungen“, die hier kurz erwähnt werden sollen. Ein Schmetterlings- und Insektenhotel gehört heutzutage wie die Vogelhäuser und Futterhäuschen zum guten Ton. Zwei Bienenwiegen sind Relikte aus einem Anfall von Bienenhaltung, der aber mit der Vernichtung der Bienenvölker durch Räuber jäh endete.

Nun ist die eine Bienenwiege von Hornissen bewohnt und die andere ist ein luxuriöses Vogelhaus für eine Meisenfamilie. Für die Igel gibt’s ein Igelhaus, es gibt ein Fledermaushaus und ein abgestorbene Weide, and der sich eine Ramblerrose hochrankt, soll auch zusätzlichen Lebensraum bieten. Ja, und das Hühnerhaus wurde bereits erwähnt. Die Hühner fühlen sich umgeben von großen Bäumen recht geschützt. Unweit davon befindet sich das ehemalige Kinderhaus, nun das „Waldhaus“ genannt, das nach Gartenarbeiten als Rastplatz dient und sehr gut für Meditationen geeignet ist.

Es gibt aber noch weitere Energieplätze im Garten. Sowohl am Teich als auch in der westlichen Zone wurden sogenannte Pentagondodekaeder errichtet. Diese beiden Konstruktionen aus Aluminiumstäben hat Peter selbst entwickelt. Der Aufenthalt in diesen platonischen Körpern wird als angenehm empfunden.

Im Lauf der Zeit sind im Garten allerlei Dekorationen eingezogen. Ein bisschen Kitsch darf in einem nostalgischen Garten sein. Es verliert sich auf der großen Fläche ohnehin. Es sind auch einige edle künstlerische und kunsthandwerkliche Objekte dabei, und zwar handgefertigte Keramiken und Glaskugeln. Es gibt auch temporäre Objekte, manches ist vergänglich. Dank eigener Kreativität kann ja jederzeit wieder Neues entstehen….

In friedlicher Koexistenz mit diesen Figürchen und Formen bevölkern auch größere und kleinere Kunstobjekte heimischer Künstler den Garten, darunter auch zahlreiche Objekte der Künstlerfamilie Simetzberger.

Das Interesse der Familie an fernöstlichen Kulturen und Traditionen manifestiert sich ebenfalls, und so sind einige Asiatika im Garten zu entdecken – eine japanische Schneelaterne am Teich und einige Buddhafiguren.

Alles wird hier natürlich nicht gezeigt, und es könnte im ständigen Wandel ja auch nie und nimmer alles gezeigt werden. Es bereitet den Hausleuten große Freude, wenn sich Besucher für die Vielfalt und die unterschiedlichen Erlebniswelten begeistern.

Tage der offenen Naturgartentür 

Samstag, 29. Mai 2021 und

Sonntag, 30. Mai 2021,

jeweils von 10.00 bis 17.00 Uhr

Info Burgenland: 02682-62282

burgenland@naturimgarten.at