Selig die Friedensstifter

SELIG DIE FRIEDENSSTIFTER (Essay)

SELIG DIE FRIEDENSSTIFTER…

 

Vom Frieden, von der ROLLE DER MUSIK IN DER FRIEDENSARBEIT UND von MÖGLICHKEITEN DER FRIEDENSARBEIT IN KOOPERATION MIT DER MUSIK

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Soeben habe ich Ihnen das FRIEDENSZENTRUM BURG SCHLAINING vorgestellt. Unter anderem habe ich erwähnt, daß auch Präsentationen in Schulen veranstaltet und für interessierte Besucher Führungen in Schlaining durchgeführt werden. Da diese Tätigkeiten zu meinen Aufgaben zählen, erhalte ich laufend Feedback.

Ich habe aber auch schon Büchertische bei verschiedenen Veranstaltungen, zum Beispiel in Schulen und bei Veranstaltungen für Jugendliche betreut und war auf Messen präsent. Die Eindrücke lassen sich beinahe auf einen Nenner bringen: Wenn das Interesse nicht schon von vornherein geweckt war – keine Chance! Dies zeigt sich auch am kleinen Schauraum, den wir in der Burg eingerichtet haben. Das allgemeine Publikum bricht keinesfalls in Begeisterung aus, nur weil es erfährt, daß sich in dieser mächtigen alten Burg ein Friedenszentrum befindet.

 

Fazit nach allerlei Versuchen: Um einen ersten Kontakt herzustellen, muß etwas ganz mächtig unter die Haut gehen. Man möchte eben meinen, Frieden sei ein so erstrebenswertes Gut, daß jeder dankbar ist, sich damit auseinandersetzen zu können. Ich nahm als Newcomerin auch noch an, es sei doch die Tatsache, daß sich in dieser kleinen burgenländischen Stadt ein Universitätszenturm befindet, schon an sich faszinierend. Aber anscheinend sind die täglich auf uns einströmenden Superlative sowie die mit allen erdenklichen psychologischen Raffinessen produzierten Werbespots so megastark, daß sie alles übertönen. (Ich bin mir natürlich dessen bewußt, daß dies nur eine von mehreren Ursachen ist,aber sie ist jedenfalls symptomatisch).

Frieden ist nun auch keine Sache für ein kurzes Vergnügen, wie etwa Eiscreme oder irgendein ein Gag. Wie sagte schon Sigmund Freud? „Die Stimme der Vernunft ist leise.“

Nach den ersten Wahrnehmungen in dieser Richtung war mir klar: Entweder ich würde künftig in der Öffentlichkeitsarbeit knallige Werbestrategien zu Hilfe nehmen müssen – und ich fand ein klares „Nein“ in mir – oder wir reden künftig nonverbal über den Frieden. Ja, Frieden kann nicht mit Worten, Texten, Argumenten allein rübergebracht werden.

Also kann es nur möglich sein, durch die Kunst, bzw. in Kooperation mit der Kunst, auf das Thema „Frieden“ hinzuführen, und diesen Weg werden wir in Schlaining künftig immer mehr beschreiten.

Mit dieser Überleitung, die auch ein wenig demonstriert, daß meine Anwesenheit keineswegs zufällig, aus Gründen der Abwechslung oder was sonst immer erfolgt, sondern daß es starke egoistische Motivationen gibt, die einen Friedensforscher zu einem solchen Angebot bringen, wie die Schöpfung GlobArt eines ist. Wenngleich die Vorzeichen hier ja gerade umgekehrt sind: Von den teilnehmenden Institutionen wird ja erwartet, daß sie neue Impulse für eine arrivierte musikalische Großveranstaltung bringen, daß eventuell intellektuelle Rahmenveranstaltungen stattfinden.

Aus dieser gegenseitigen Erwartungshaltung ergibt sich die Folgerung, daß doch das naheliegendste Thema, nämlich eine Auseinandersetzung mit der Thematik „Musik und Frieden“ für den Anfang eigentlich das Spannendste für beide Partner ist. Im Programmheft von Allegro Vivo stieß ich noch dazu auf das Wort „Friedensstifter“. Damit war der erwünschte Geistesblitz schon da, ehe der Kopf eine Entscheidung gefällt hatte, ob wir uns überhaupt an diesem Projekt beteiligen sollen.

Erlauben Sie mir nun einige Gedanken zu dieser gemeinsamen Aufgabe des „Friedensstiftens“. Eine Bemerkung abe rnoch zuvor: Natürlich erhoffe ich mir einen Polylog, nicht nur einen Dialog mit Allegro Vivo. Ich glaube, das ergibt sich.

 

TEXT „Selig die Friedensstifter“ vom 15.7.1997“

<…..Seite 1 – 4/1. Satz…..>

 

Vielleicht erscheinen Ihnen einige Gedanken neuartig, und dabei habe ich zwei faszinierende Themen erst am Rande berührt, nämlich die Harmonielehre und die Macht der Töne.

  • Erst seit kurzem weiß ich, daß jemand in den 70erJahren erforscht hat, daß sich nicht nur die Gestirne nach harmonikalen Grundsätzen bewegen, sondern auch in den Tonleitern unsere Tonleitern und Intervalle zu finden sind (so fand Wilfried Krüger im Sauerstoffatom die C-Dur-Tonleiter, wobei die Spins der Elektronen halb- und Ganztonschritten entsprechen – im Grundzustand schwingt der Sauerstoff in Dur). Oder daß es in unserer DNS-Doppelhelix nur zwei Töne gibt, a’ und g’. Genau dieses Tonpaar von a’ ist das Fundament der gregorianischen Psalm-Melodien. Und wer kennt nicht Bachs Toccata und Fuge in d-Moll? Ihren mächtigen Anfangstakt a’-g’-a’, der einen im Innersten erschüttert? Jetzt ist klar warum. Es ist der Grundklang des genetischen Codes.

 

  • Warum Musik gegen Depressionen hilft, läßt sich anhand neuer Forschungsergebnisse auch erklären. Bei Depressiven fehlt fast immer de Neurotransmitter Serotonin. Dieser Stoff ist sehr wichtig beim Verarbeiten von Lichtsignalen im Körper. Solche Lichtsignale werden nun durch den Ton e’ von der Außenseite der Membrane ins Innere der Zellen getragen. Verantwortlich dafür ist das auf C errichtete Natrium, dessen Leuchtelektron auf e’ schwingt. Die Stimulation für den Ton e’ in den Nervenzellen kann auch musikalische erfolgen. Musik in den Tonarten F-Dur, E-Dur, C-Dur und G-Dur ist besonders geeignet. Viele Komponisten schrieben Stücke in Es-Dur. Es-Dur ist eine Tonart, bei der ganze Kaskaden von Licht im Körper freigesetzt werden. Gut zu hören ist das in Mendelssohns Oktett für Streicher, das schon von seinen Zeitgenossen als überaus lichtvolle Feenmusik bezeichnet wurde. („Die ethische Quintessenz der Atom-Harmonik lautet: Wir dürfen Atome nicht spalten!“ appelliert der Forscher an die Menschen, womit wir wieder bei den Friedensbewegungen sind, bei solchen Gruppierungen, die sich massiv gegen Atomtests, gegen die Stationierung von Atomwaffen, ja gegen jegliche Nutzung von Atomkraft einsetzen. Kürzlich fand übrigens eine Antinuklearkonferenz in Schlaining statt!).

 

  • Relativ neu ist für mich auch die Information, welche Gefahren im Rhythmus der Rockmusik schlummern: Die wilden Rhythmen an sich sind weder gut noch schlecht, man kann nicht über einen Kamm scheren. Doch werden menschliche Kraftpotentiale angesprochen und die Menschen in einen tranceähnlichen Zustand versetzt. In diesem Zustand wird das Unterbewußtsein geöffnet und kann „programmiert“ werden – konstruktiv oder destruktiv. Man wird für Emotionen empfänglicher und schaltet zeitweilig den Verstand aus, was bedeutet, daß die elektromagnetischen Felder des Körpers der Zuhörer, beispielsweise durch destruktive texte, unterschwellige Botschaften ode rHaß- und Angstgefühle geladen werden können. Durch solche Rhythmen, die schon den alten Indianerstämmen bekannt waren, kann man Kraftpotentiale im Menschen wecken, die, wenn vom unbewute Zuhörer nicht richtig eingesetzt, den Herzrhythmus verändern können und so Aggressionen oder ndere destruktive Verhaltensweisen ausgelöst werden, ja nordamerikanische Indianerstämme konnten auf diese Weise gleiche Rhythmen bewußt benutzen, um einen Gefangenen durch Beschleunigung des Herzrhythmus zu töten, andererseits haben sie die gleichen Rhythmen für sakrale Tänze oder heilende Rituale in der Schwitzhütte verwendet.

 

(Schluß)

Die soeben aufgezählten Beispiele sollen die Querverbindungen zwischen Musik und Naturwissenschaft und zwischen Musik und Friedensarbeit veranschaulichen. Sie sollen verdeutlichen, wie innig diese Erkenntnisse und Beobachtungen ineinander verschränkt sind und wie daher auch in der praktischen Umsetzung Zusammenarbeit zwischen vielen Disziplinen erforderlich ist. Ist es nicht wunderbar, wie die unterschiedlichsten Richtungen zusammenwachsen, wie sich heute sogar Wissenschaft und Spiritualität ergänzen und vereinen, obwohl man sich anscheinend lange, lange Zeit bemühte, sie als Gegner gegeneinander aufzustellen. Von diesem raschen Erkennisprozeß, von diesem Zusammenwachsen können wir allesamt profitieren. Es bieten sich spannende Möglichkeiten an, im Dialog, in Kooperation Neues zu entwickeln, neue Wege des Friedensstiftens etwa. Diesbezüglich hat die neue Ära, die Zukunft eben erst begonnen. Es liegt nun an uns, auf neuesten Erkenntnissen fußend, Musik (in Theorie und Praxis) mit anderen Fachgebieten verküpfend Seminarinhalte, Erwachsenenbildungsprogramme, Workshops für Jugendliche, Spiele für Kinder zu initiieren bzw. zu entwickeln als unseren Beitrag für eine harmonischere Welt.

 

Im Rahmen der Friedenserziehung werde ich künftig über Musik sprechen. Ich werde unsere Präsentationen mit Musik verknüpfen, mehr noch, musikalische Veranstaltungen anstelle von Vorträgen anregen. Komponisten sagen: Ihr könnt Euch den Weltfrieden zum Thema machen, oder zunächst mal eine Friedenshymne schaffen. Ich wurde bereits ersucht, einen Text für ein Lied vom Frieden zu verfassen. Ich glaube, es wird ein Kinderlied, das auch Erwachsenen mögen werden.

 

Wie sagte schon Napoleon? „Die Musik hat von allen Künsten den tiefsten Einfluß auf das Gemüt. Ein Gesetzgeber sollte sie deshalb am meisten unterstützen.“ Musik hat den Aufstieg und den Niedergang großer alter Kulturen bewirkt – von Altindien bis zum römischen Reich. Wir sollten achtsam sein, welchen Klängen wir uns aussetzen. Was für ein Glück, daß Lebenselixiere angeboten werden wie Allegro Vivo! Was für ein Glück, unter aufegschlossenen Menschen zu sein!

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Vortrag anläßlich der GlobArt-Gründungskonferenz 15. – 17.8.1997 von Lygia Simetzberger, FRIEDENSZENTRUM BURG SCHLAINING (A:7461 Stadtschlaining, Südburgenland)