Teich-Arbeiten 06 07 2010

Teicharbeiten (6. 7.2010)

Beim Teich ungefähr Halbzeit, das Schilf schneide ich nicht ab, sondern reiße es Stück für Stück mit der Wurzel aus. Ärger als das junge Schilf sind Relikte vom Vorjahr, sie lassen sich oft noch schwerer herausziehen und sind grauslich – schwarz und modrig. Was Pracht und zugleich Bedrohung für den Teich war. landet schnöde auf einem Komposthaufen. Der Verlandung ist Einhalt geboten, zumindest ein Weilchen. Die beleidigten Frösche sind fluchtartig verschwunden. Lange noch bleibt es still. Ich störe ihr Gleichgewicht. verzeigt, ihr Frösche, Herren des Teichs! Es geschieht auch euch zuliebe. Lichter wird es, freundlicher, mehr Wind zieht durch, weiter wird der Blick, Platz wird für andere Pflanzenarten frei, der Teich wird gereinigt. Schätzungsweise fünfhundert  Schilfstängel sind noch auszureißen, jedes für sich eine Kraftanstrengung, ganz gut für die Bauchmuskeln und zur Stärkung der Arme. Und fast noch einmal so viel „Relikte“, Stummel, teils im Schlamm steckend, zum Teil ragen noch Stängel hervor. Immer wieder trete ich mir die spitze Stängelreste ein, reiße mir die Hände trotz Handschuhen blutig. Während der „Ernte“ werde ich von unlustigen Insekten verfolgt. Ein Abwehrmittel nehme ich natürlich nicht, um den Teich zu schonen.

Stur und beflissen wie ich bin, klettere ich natürlich erst wieder aus dem Teich auf den Steg, wenn mich die Kräfte verlassen, wanke schlammbepackt und miefend zur Wasserstele – erste Reinigung – und so schnell mich meine Füsse noch tragen – humpelnd, hinkend… zur Dusche, die ich bald erfrischt und duftend verlasse. Doch damit ist noch nicht alles ausgestanden. ach einer Weile fangen Hände und Füße anzuschwellen an, fühlen sich wie alte Lappen an. Der Rücken schmerzt, und die Insektensticke jucken.  Die Kombination aus Teich – und Gartenarbeit überhaupt führt zu einer einzigartigen Juckerei. Die verheilenden Brombeer-Risse jucken in friedlicher Eintracht mit anderen neuen Verletzungen. Schließlich habe ich das Gefühl, alles ist rebellisch, alles kribbelt und mein Körper fühlt sich bleischwer an. Kein Getränk löscht den Durst.

Halbzeit – so viel wartet also noch. Aber immerhin habe ich bei Teil eins auch die überhängenden Weidenäste abgeschnitten, durchs Wasser an den Steg gezogen und „entsorgt“. Mit der Baumschere im Wasser fühlte ich mich schon ziemlich exotisch und dachte mir, ob es wohl auch andere Leute gibt, die ab und zu mit Astschere im Teich stehen in Badegarderobe, und Weiden umschneiden?

Immer wieder kommt mir der Gedanke in den Sinn, was heuer alles möglich gewesen wäre statt dieser unvermeidlichen Rodungsarbeiten, tagtäglich bei Schönwetter. Schwimmengehen, Wandern. Radfahren, Motorradausflüge, Freunde besuchen, im Garten sitzen und lesen, Sonnenbaden auf der Liege. Geschihten schreiben, malen. Modellieren, zum Atelier Wieser fahren und meine Skulptur fertig machen. Und und und… Sklaverei ist das – vom Büro in den Garten, vom Garten ins Büro.

Dabei mache ich mir vor, je fleißiger und flotter ich bin, desto mehr habe ich doch noch die Chance auf einmal Schwimmen gehen, auf einen Ausflug, auf ein ungezwungenes Zusammensein mit Freunden, aber auch für das Einlösen von Verpflichtungen, Einladungen.  So beschleicht mich ein Gefühl des schlechten Gewissens, während ich mich so abrackere wie noch nie im Leben. Das kann es doch nicht sein! Immerzu versuche ich, effizienter zu arbeiten, mit weniger auszukommen, alles zu vereinfachen, aber diese Rodungsarbeiten stimmen mich sehr demütig. Noch nie hatte ich so wenig Zeit für mich. Aber ich muss da durch. Das nächste Jahr wird mich belohnen. Da wird alles geordneter erscheien, adrett sein, ich werde es im Griff haben, jawohl. Es wird bei weitem nicht mehr so viel Arbeit verursachen, wenn ich das Gestrüpp niederhalte.

Wenn es doch nicht trotz all der Wildnis, trotz dieser aggressivsten Brombeeren auf Gottes Erdboden so idyllisch hier wäre – ein kleines Paradies! Keine Rose ohne Dornen – kein Paradies ohne Wildwuchs… Ja, bleibt nur für die Zukunft – so viel Geld auf die Seite legen zu können, dass ich einmal Gehilfen aufnehmen kann. Leute, die froh darüber sind, etwas zu verdienen, während ich es genießen kann, endlich einmal Zeit für das eigentliche Leben zu haben, für Produktives, Kreatives, Schönes…

Eins tröstet mich: dass ich fit bin! Jawohl, dass ich fit bin und in der Lage, all diese Viechereien durchzustehen und ertragen, Lärm, Schmutz, Hitze, Schmerzen, Durst, Unannehmlichkeiten! Keine Allergie, die mich abhält. Keine Verletzung, die mich hindert. Keine Ängste, kein Grauen, nichts hält mich davon ab, in diesen trüben Froschteich zu steigen. Ich bin fit! Das ist ja doch der Triumph, den ich dabei habe… und dass ich kein sensibles, hilfsbedürftiges Weibchen bin, sondern hart im Nehmen. Ich meine, das gefällt jedenfalls MIR, wenn es auch auf  manche Menschen eher furchteinflößend zu wirken scheint.

Es gibt mittlerweile schon Tage, an denen ich mir denke, ich hab‘ da etwas falsch gemacht. Da wär‘ ich gerne eins dieser Weibchen, die angesichts von Mäusen oder Spinnen in Panik ausbrechen und keine Bierkiste, keinen Zementsack alleine tragen können. Erstens würde ich mir Zeit ersparen. Zweitens würde mein Körper bei weitem gepflegter aussehen, keine Schrammen, zarte Hände…

Die Herren der Schöpfung würden sich darum reißen, mir die Tragtasche abzunehmen, den Teich für mich frei zu halten, Holz zu schneiden und Rasen zu mähen. Ich hätte nur immer sagen müssen: „Dafür bin ich zu schwach, zu empfindlich!“ oder gar „Ich fürchte mich!“

Jedenfalls, es hat alles seine Für und Wider. Wochenlang Schönwetter… jetzt wäre schon mal gut ein Regentag. Aber keine Aussicht auf Regen! Ergo: Morgen wird wieder gemäht!