Rodung & Beerenbrocken 08 07 2010

 

Apropos Beerenbrocken (noch immer 8. Juli 2010, abends)

Beeren pflücken gehen hört sich ja romantisch an. Frisch geduscht zog ich los, verklebt und dampfend schlurfe ich zurück. Zunächst machte ich mich auf den Weg nach den schwarzen Johannisbeeren unterm Haselstrauch drunten am Zaun. Vor kurzem freigelegt, wieder von diesen fatalen Ausläufern der Wisteria alias Glycine überwachsen. Ein Häferl voll immerhin Ausbeute. Dann ab zur Ribisel-Anlage. Erster Strauch – geringe Ausbeute. Der nächste schaut voll aus! Ein Brennen – irgendwas hat mich gestochen. Schmerz wird ignoriert. Nächstes Zugreifen – zum zweiten Mal sticht mich so ein Viech in die rechte Hand. Jetzt seh‘ ich’s: Erdbienen verteidigen ihren Unterschlupf.  Ich stelle einen neuen Geschwindigkeitsrekord im Sprinten auf.

Doch so etwas kann mich nicht erschüttern. Der Strauch mag seine Beeren behalten, doch nun geht es an die roten Ribiseln. Die klaube ich wacker und sinniere, dass wirklich was Wahres am Ausspruch dran ist, dass es angenehm ist, wenn der Schmerz nachlässt. Während der Pflückerei in Büschen unter Bäumen werde ich von Gelsen, Mücken, Tod und Teufel attackiert, die mir wohl alle meine Beute nicht gönnen und finde mich zähneknirschend damit ab, dass ganz entschieden die Insekten die Beherrscher dieses Grundstücks sind und ich keineswegs die Herrin, sondern ein armseliges Wesen, das hastig ein paar Früchte von den Gewächsen erhascht, die es einmal vor Jahren angepflanzt hat, zum Zweck einer besseren Lebensqualität.

Hie, glücklicherweise sind keine Brombeeren zu verwerten! Die rote ich ja gerade systematisch auf dem ganzen Grundstück aus, bis auf ein paar dieser faden, stachellosen Gartenzüchtung. Ausgerechnet heuer versprechen sie göttlich zu geraten, stabiles sonniges Wetter Wärme zur Reifezeit. Sei’s drum! Darauf kann ich verzichten.

So, nun ab ins Bad, von all den eingefahrenen Stacheln und Dornen befreien, die Schnittwunde am linken Fuß versorgen, die ich mir beim Schilfausreißen zuzog.

Rodungsarbeiten (8. Juli 2010)

Von Brombeeren und Schlehdornen zerkratzt, von Bremsen und anderen blutsaugenden Monstern gepiekst, Hände und Füße vom Einsatz geschwollen, schweißgebadet… so wanke ich nach der Vormittagsschicht wieder in die gute Stube. Immerhin, der stark verdünnte Eistee schmeckt elysisch und das Stückchen Jausenbrot besser als der feinste Sonntagsmahl.  Beim Anblick des grünen Hofs, der bunten Blumen, der gründen Waldmauer vis-à-vis fühle ich mich transzendierend, leicht wie eine Wolke, während das Wehtun sämtlicher Knochen erst nach und nach einsetzt. Himmel! Es stimmt mich trotzdem nicht zufrieden. Mein Ordnungswerk, schon lange überfällig, ist gleichzeitig Zerstörungswerk. Wie viele Mikrokosmen habe ich heute durcheinandergebracht, zerstört? Ein wenig zu viel gezupft  und schon ein Stück vom großen Ameisenbau abgerissen. Aber auch ein Bäumchen befreit, das mit einem Stock markiert, im Gestrüpp dennoch untergangen war, überwuchert an die drei Jahre ausharren musste, bis ich es – verbogen, dürftig – wieder ans Licht holte.

Gerne würde ich die übermächtigen Brombeeren, die alles niederreißen, in unseliger Allianz mit den Glycinen zum Inbegriff eines grünen Alptraums werden, bis an die Wurzel ausrotten. Doch es ist schon eine reife Leistung, einen Brombeerstock bis an den Boden niederzuschnipseln. Bleibt nur, weiterhin alles unter Kontrolle zu halten, den neuerlichen Anfängen zu wehren. Das Hechten zum Telefon und zum Briefträger wurde zum Hochpotenzsport, musste ich aus dem Dickich nach oben kraxeln und dann im Dauergalopp ins Haus bzw .durch das ganze Haus flitzen.

Besonders lustig war’s am steilen Hang – an der Böschung hinterm Haus. Es hieß immer achtsam sein, nur ja kein Ausrutscher, der unweigerlich einen Sturz in die Dornen bedeutet hätte, qualvoll allein schon der Gedanke.

Einige Fuhren Brombeertriebe, Äste, Ranken waren wegzuführen. Nichts geht mehr. Es bleibt noch ein so ungeheures Pensum, dass ich beim Planen erschaudere. Bäume sind zu fällen. Sträucher zu kappen. Der Wein ist frei zu schneiden. Und dann geht es weiter beim Teich… Holz ist zu schneiden, Früchte sind zu ernten.  Und die Wiesen sind zu mähen. Mähen bei mir… das ist eine spezielle Story!